Dieser fand am 13. April in Friedrichshafen im Graf-Zeppelin-Haus statt. Die renommierte drei Länder Veranstaltung sicherheitspolitischer, militärischer und wehrtechnischer Organisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz widmete sich dem aktuellen Thema: Der Ukraine-Krieg und seine Folgen für Europa – militärisch, politisch und ökonomisch. Die militärische Sicht und Lagebeurteilung, des nun schon über zwei Jahre währenden Krieges, nahm Generalleutnant Mag. Bruno Günter Hofbauer vor. Seit Anfang 2024 ist er stellvertretender Generalstabschef des Österreichischen Bundesheeres. Für die politische Einordnung war Dr. Markus Kaim zuständig. Er arbeitet bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin und referiert öfters auch bei GSP-Veranstaltungen. Für den wirtschaftlichen Aspekt hatten die Organisatoren den Schweizer Professor Dr. Andreas Müller von der Universität Basel engagiert.
Hofbauer blickte auf die Vorgeschichte, die Entwicklung und den aktuellen Kriegszustand. Vergleichende Bilder aus dem Stellungskampf des Ersten Weltkrieges mit der augenblicklichen Situation an den Frontabschnitten zeigten keine großen Unterschiede. Durch die Pattsituation auf dem Gefechtsfeld versucht der Angreifer im Kampf gegen die zivile Infrastruktur und damit gegen die Bevölkerung diese zu zermürben.
Die ukrainische Armee hat sich seit dem Februar 2022 in ihrer Führung, hin zur Auftragstaktik, gewandelt. Das Fehlen von Flugabwehr, mechanisierten Kräften, Panzerabwehr oder fehlender Artilleriemunition ist ein großer Nachteil in der Verteidigung. Durch die Digitalisierung auf dem Gefechtsfeld und den Einsatz von Drohnen, die in Syrien, Armenien, Aserbaidschan erprobt wurden, sind die Angreifer im Vorteil. Weitere Stichworte seiner Ausführungen waren u.a. der sichtbare Einsatz von Söldnern und Informationskrieg. Zusammenfassend meinte Hofbauer: „Traditionelle militärische Bedrohungen sind nicht verschwunden…, sie sind durch neue Mittel verstärkt“.
Kaim betrachtete die Folgen zuerst für das transatlantische Bündnis (NATO). Sie hat einen erheblichen Bedeutungsgewinn gewonnen. Von der einstigen Aussage des französischen Präsidenten Emanuel Macron „hirntot“ ist nichts geblieben. Rückversicherung und Abschreckung haben wieder an Bedeutung gewonnen. Durch den Beitritt von Schweden und Finnland ist der Nordpfeiler gestärkt worden. Neue Prioritätensetzung und ein strategisches Konzept der Allianz sind Folgen. Die Krise markiert die Rückkehr der USA als europäische Macht. Eigentlich war der systemische Konflikt mit China und eine innenpolitische Stabilisierung das Ziel.
Die Verstärkung der US-Streitkräfte in Europa darf nicht übersehen werden. Man sollte sich in Europa auch darauf einstellen, dass Joe Biden die Wahl gewinnt. In einem zweiten Teil bezog sich Kaim auf die „Europäische Zeitenwende“. Man ist aufgewacht in einer geopolarisierten Welt und eine größere Handlungsfähigkeit im außenpolitischen Bereich ist notwendig. Strategische Autonomie ist unter neuem Vorzeichen – nicht in Abgrenzung von – sondern in Absprache mit den USA notwendig. Funktionale und geografische Arbeitsteilung der kollektiven Verteidigung und des Krisenmanagements müssen verbessert werden. Als ein Opfer des augenblicklichen Politikgeschehens sind die Vereinten Nationen, hier besonders der Sicherheitsrat, anzusehen. Zusammenfassend ist aus der Sicht des Politikberaters festzustellen, die Zeit von Freunden umzingelt zu sein, ist zu Ende. Neu bewertet müssen werden: Macht, Partner und Bündnisse, internationale Ordnungen, Verflechtungen, Globalisierung, nationale Interessen. Daraus leitet sich ab, die Gesellschaft auf geopolitische Veränderungen vorzubereiten, Wehrhaftigkeit und Resilienz stärken.
Der Ökonom Andreas Müller befasste sich mit dem Dreiklang: Wirtschaftssanktionen, Energieabhängigkeit und Lieferketten. Die Volkswirtschaft der drei Kongressländer haben flexibel reagiert. Große Einbrüche bei Preisentwicklung und Inflation hat es nicht gegeben. Die Ausgaben fürs Militär sind gestiegen. Versäumnisse der Vergangenheit sollten ausgebessert werden, das braucht Zeit.
Je länger der Krieg dauert, umso größer werden die finanziellen Herausforderungen für Europa. Andere Schockereignisse, wie eine Pandemie oder Umweltkatastrophe können hier negative Aspekte bringen. Sollte bei der USA-Wahl eine andere Regierung kommen, werden die Forderungen an die Europäer, sich ihre Verteidigung mehr kosten zu lassen, sicher größer. Dringend notwendig ist die Koordination der Verteidigung und Rüstungsgüter auf der EU- und NATO-Ebene.
Bei der nachmittäglichen Podiumsdiskussion der drei Referenten, moderiert von Dr. Sabine Sauer, Vorstandsmitglied im Arbeitskreis der Außen- und Sicherheitspolitik der CSU, ging es z.B. um die Frage der Wirkung von Sanktionen, die gegen Russland national aber auch durch die EU verhängt wurden. Sie erfüllen ihren Auftrag, haben aber anscheinend nicht die Wirkung, die man sich erhofft hat. Auswirkungen merkt eher die Industrie in Friedrichhafen, wie Fabian Müller, Erster Bürgermeister, bei seiner Begrüßung betonte.
Unter der Leitung von Josef Rauch, Oberstleutnant a.D. und Landesvorsitzender Süddeutschland des DeutschenBundeswehrVerbandes, wurde den Präsenzteilnehmern und virtuellen Zuhörern ein gut organisiertes und inhaltlich informatives Programm geboten.