Zypern – Ausgangspunkt für Gaza-Hilfe

Zypern – Ausgangspunkt für Gaza-Hilfe

„Open Arms“ mit Hilfsgütern unterwegs

Wieder einmal steht die östliche Mittelmeerinsel Zypern im öffentlichen Interesse.  Von der Hafenstadt Larnaka, im Südosten der Insel, ist das erste Schiff mit Hilfslieferungen Richtung Gaza in See gestochen. Die „Open Arms“, gehört einer spanischen Hilfsorganisation ist mit 200 Tonnen Nahrungsmitteln, Wasser und Medikamenten unterwegs. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der zyprische Präsident Nikos Christodoulides waren die Antreiber für diese Aktion. Auf einer Pressekonferenz vor vier Tagen sagte er: „Seit letztem Oktober ist unser Team damit beschäftigt, einen Seekorridor von Larnaka nach Gaza auszuarbeiten. Wir haben das gemacht, weil wir überzeugt sind, dass Zypern als Mitglied der Europäischen Union im Herzen der Region die moralische Pflicht hat, seinen Beitrag zur Bewältigung der humanitären Krise zu leisten und dabei seine ausgezeichneten Beziehungen zu den Ländern der Region zu nutzen.“ Die Entfernung zum Gazastreifen sind rund 400 Kilometer. Da es keinen Hafen zum Entladen gibt, werden die Güter vor der Küste auf kleinere Boote umgeladen und an Land gebracht. Den Auftrag zum Bau einer behelfsmäßigen Pier hat US-Präsident Joe Biden schon vor Tagen dem Militär erteilt. Das wird aber fast zwei Monate dauern, bis größere Schiffe dort anlanden und damit schneller entladen werden können. Bei ihrem Besuch in Zypern hatte die EU-Präsidentin erklärt: „Wir sind jetzt sehr nahe an der Eröffnung des Korridors…“ Unabhängig davon, dass Zypern zum Drehkreuz der Hilfslieferungen über See wird, ein Blick auf die geopolitische Lage.

Zypern liegt geographisch in Asien, zählt aber kulturell zu Europa. Mit 9.251 ist es die drittgrößte Mittelmeerinsel. Sie hat eine Ausdehnung von 225 in West-Ost und 97 Kilometer in Nord-Süd Richtung. Das Kyreniagebirge im Nordosten und das Troodogebirge im Südwesten bilden den Wetterschutz für die Messoria-Ebene im Landesinnern. Heiße Sommer und milde Winter kennzeichnen das Klima. Höchster Berg ist der Olympos mit 1.952 Metern. Die Küstenlänge beträgt knapp 700 Kilometer. Hauptstadt ist das geteilte Nikosia. Bis zur türkischen Südküste beträgt die kürzeste Entfernung 50, nach Syrien im Osten sind es 95, zum Libanon 120, nach Ägypten im Süden 380, nach Israel 420, nach Kreta 500 und nach Griechenland 800 Kilometer.

Zypern liegt zwischen Orient und Okzident. Europäische, asiatische und afrikanische Kulturen treffen hier zusammen. Die Insel hat immer eine wichtige strategische Rolle gespielt, besonders nach der Eröffnung des Sueskanals im Jahre 1869. Auf Zypern leben etwa 1,14 Mill. Einwohner mit festem Wohnsitz, rund 840.000 Griechenzyprer und Ausländer, im türkischen Nordteil rund 300.000. Die griechischen Zyprer gehören fast ausschließlich der orthodoxen Kirche an, die türkischen Zyprer sind meist sunnitische Muslime.

Das griechische Siedlungsgebiet umfasst 5.896 und das türkische etwa 3.355 Quadratkilometer. Die restliche Fläche ist die Pufferzone zwischen den beiden Landesteilen. Hinzu kommen die souveränen Militärbasen Großbritanniens Akrotiri (51 qkm im Westen) und Dekelia (48 qkm) im Osten. Etwa 3.000 britische Soldaten und rund 35000 zivile Staatsbürger leben dort. Die vorhandenen Radar- und Abhöranlagen haben strategische Bedeutung für die NATO. Das Hauptquartier der UN-Friedenstruppen befindet sich in Nikosia. Hier leben rund 120.000 Einwohner, die von einem in den anderen Stadtteil nur durch einen für Fußgänger und Radfahrer geöffneten Übergang wechseln können. Für die Deutsche Marine ist der Hafen Limassol als Stützpunkt von Bedeutung. Sie beteiligt sich an UNIFIL (United Nations Interim Forces in Lebanon), dem Einsatz vor der Küste des Libanons. Das Mandat wurde vom Bundestag bis Ende Juni 2024 verlängert.

Großbritannien, das Zypern 1878 vom Osmanischen Reich übernommen hatte, spielte eine entscheidende Rolle. 1914 wird Zypern annektiert, da die Türkei an der Seite Deutschlands in den Weltkrieg eingetreten ist. 1925 wird die Insel Kronkolonie. 1931 kommt es zu ersten Aufständen griechischer Zyprer, die den Anschluss an Griechenland fordern. Eine von der Kirche 1950 organisierte Volksabstimmung, die von den Briten nicht anerkannt wird, ergibt eine fast hundertprozentige Zustimmung zum Anschluss an Griechenland.

1955 beginnt der Unabhängigkeitskampf der EOKA (Nationale Organisation zypriotischer Kämpfer) gegen die Briten. Führer ist der ehemalige griechische General Georgios Grivas, der erste nichtkommunistische europäische Partisanenführer. Er ist auf Zypern geboren, plante den Aufstand und führte ihn. Die Briten setzen bis zu 40.000 Mann gegen den Aufstand ein. 1959 kommt es zwischen Griechenland und der Türkei zu einer Einigung auf eine Republik Zypern, die aber Mitglied im Commenwealth bleibt. Die Proklamation der Unabhängigkeit der Präsidialrepublik erfolgt am 16. August 1960.

Das friedliche Miteinander der beiden Volksgruppen dauert nicht lange. Ende 1963 beginnen Türken den Aufstand gegen die Griechen. Grund ist die beabsichtigte Einschränkung von türkischen Sonderrechten. Führer der Griechen ist Erzbischof und Staatspräsident Makarios III. Im Dezember 1959 erstmals gewählt, 1963 ohne Gegenkandidaten im Amt bestätigt und im Februar 1968 mit 95,45 Prozent wieder gewählt. Im März 1964 kommt es zum Waffenstillstand

Mit Hilfe des griechischen Militärregimes beendet ein Putsch der zyprischen Nationalgarde 1974 die Ära Makarios. Die Türkei besetzt ab 20. Juli 1974 mit einer Invasionstruppe den Norden und Nordosten. Etwa 170.000 griechische Zyprer flüchten in den Süden. Diplomatische Verhandlungen führen zu keinem Erfolg, es bleibt beim Status quo. Am 15. November 1983 wird die türkische Republik Nordzypern proklamiert. Sie ist weltweit nur von der Türkei anerkannt. Seit dem 1. Mai 2004 ist die Republik Zypern Mitglieder der EU.

Dass die Auseinandersetzungen zwischen beiden Volksgruppen nicht eskalieren, ist den Vereinten Nationen (UN) zu verdanken. Seit 1964 trennen sie diese an der Green Line. Die Mission United Nations Force in Cyprus (UNFICYP) ist seit 1974 tätig. Seit Januar 2024 führt Generalmajor Erdenebat Baatsuri aus der Mongolei als Force Commander die Truppe.

Die türkische Armee hat etwa 35.000 Mann auf Zypern stationiert, hinzu kommen Reservisten. Die zyprische Nationalgarde hat Land-, Luft- und Seestreitkräfte von etwa 13.000 Mann. Das Führungspersonal besteht meistens aus Offizieren der griechischen Armee. Es gibt rund 75.000 Reservisten und der Wehrdienst dauert 14 Monate.

Es gab mehrere Versuche, die Insel wieder zu vereinen. Bei einer Volksabstimmung am 24. April 2004 hatten die Bürger in beiden Teilen Gelegenheit sich dafür zu entscheiden. Doch der nach UN-Generalsekretär Kofi Annan genannte Plan scheiterte.  Die griechischen Zyprer lehnten ab, die türkischen stimmten zu.

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