Der Jom-Kippur-Krieg 1973 – Ägypten und Syrien gegen Israel

Der Jom-Kippur-Krieg 1973 – Ägypten und Syrien gegen Israel

Am Samstag, dem 6. Oktober 1973 war Jom-Kippur. Das israelische Versöhnungsfest ist der höchste Feiertag im Land. Da er auf ein Wochenende fiel, befand sich das öffentliche Leben im Ruhezustand. Am Nachmittag, ab etwa 14 Uhr, schlug die fröhliche Stimmung um. Erstmals gab es wieder Luftalarm. 220 ägyptische Flugzeuge überflogen den Suez-Kanal und griffen Stellungen der Israelis auf der Halbinsel Sinai an. 1650 Geschütze eröffneten das Feuer auf der 180 Kilometer Frontlänge von El Kantara im Norden bis Suez im Süden Länge. 50 Hubschraubern vom Typ Mi-8 setzten ägyptische Soldaten am Südende des Kanals ab. Im Norden Israels griffen 700 syrische Panzer die Golanhöhen an. Eine Kommandoeinheit nahm auf dem Berg Hermon (2800 m), im Grenzgebiet zum Libanon und zu Syrien, eine Dienststelle des israelischen Militärgeheimdienstes ein. Verschiedene Versuche diese Anlage, sie war von erheblicher strategischer Bedeutung, wieder in Besitz zu nehmen, schlugen unter Verlusten fehl. Erst am 22. Oktober gelang die Rückeroberung durch die Golani-Brigade.

Die aus israelischer Sicht für unüberwindbar geltende Bar-Lev-Linie ostwärts des Kanals wurde gegen Abend genommen. Ca. 30 Kilometer tiefe Einbrüche auf dem Sinai gelangen ägyptischen Truppen am ersten Angriffstag. Auch die im Sechs-Tage-Krieg verlorenen Golanhöhen wurden von den Syrern erobert. Der Überraschungsangriff im vierten Israelkrieg war den arabischen Verbündeten gelungen.

Der Unabhängigkeits-Krieg nach der Staatsgründung 1948/49, der Suez-Krieg Ende Oktober/Anfang November 1956 und der Sechs-Tage-Krieg vom 5. bis 10. Juni waren vorausgegangen. Den Israelis war klar, dass die ihnen feindlich gesinnten Staaten Revanche sannen. Es gab genügend Anzeichen dafür, die aber nicht ernst genommen wurden. Dazu gehörte die Aufrüstung der ägyptischen Armee mit russischen Waffen, monatelange Trockenübungen zur Überwindung des Suezkanals mit Pontonbrücken und der befestigten Bar-Lev-Linie. Der Angriffszeitpunkt schien klug gewählt. Innenpoltisch war die Regierung mit Wahlvorbereitungen zur Knesset beschäftigt. Sie sollte Ende Oktober sein, fand dann am 31. Dezember statt.

Es stellte sich aber heraus, dass die Alarmierung der Reservisten am Feiertag schnell und reibungslos verlief.  Die Soldaten waren entweder zuhause oder in der Synagoge. Innerhalb von 24 Stunden waren alle Reservisten in ihren Mobilmachungsverwendungen. Die Ägypter hatten gerechnet, dass die Israelis vier Tage bräuchten. Zur Angriffszeit um 13:58 Uhr hatten die syrischen Panzerbesatzungen auf dem Golan die Sonne von vorne, die israelischen Panzerbesatzungen hatten sie im Rücken.

 Ministerpräsidentin Golda Mair informierte in einer abendlichen Ansprache die Nation von den Geschehnissen. Sie endete mit den Worten. “Wir haben volles Vertrauen in den Geist und die Stärke der IDF [Israel Defense Forces], um den Feind zu besiegen. Der Sieg der IDF ist unsere sichere Zusicherung von Leben und Frieden.“ Auf einer Pressekonferenz sagte sie aber auch, dass klang etwas pessimistischer: „Wir waren noch nie einer so großen Gefahr ausgesetzt wie heute - auch nicht 1948 im Krieg um die Staatsgründung“.

An den ersten drei Angriffstagen waren die Israelis an der West- und Nordfront in der Defensive, ihnen gingen die Reserven aus. Die Angreifer Ägypten und Syrien, hatten Unterstützung von Kontingenten aus dem Irak, aus Marokko, Libyen, dem Sudan, aus Kuba und eine Freiwilligenbrigade aus Jordanien. Insgesamt kamen diese Truppenkontingente auf etwa 850.000 Mann. Israel verfügte dagegen nur über 300.000 Mann. Das Verhältnis bei Panzern betrug etwa 4700 zu 1700.

Hilferufe in die USA, Präsident war Richard Nixon, dessen Außenminister Henry Kissinger, um Unterstützung wurden nicht gleich umgesetzt. Erst als der politischen Führung in Washington klar wurde, dass die Existenz des Staates Israel auf dem Spiel steht, wurde mit der Operation „Nickel Grass“, am 9. Oktober um 18:10 Uhr eine sofortige zivile Luftbrücke von Nixon angeordnet. Aufgrund zivil-technischer Probleme kam sie nicht zu Stande. Am 12. Oktober übernahm die US-AirForce die Umsetzung und flog Ersatz an Munition, Geschützen, Panzer, Kampfflugzeuge, Hubschrauber nach Israel. Die Versorgungsflüge liefen bis Mitte November. Für Verteidigungsminister Moshe Dayan und seine Truppen gab es wieder Hoffnung. Auf der andren Seite unterstütze aber auch die Sowjetunion mit Materiallieferungen die Angreifer.

Mit einer Gegenoffensive an der Nordfront gelang es die syrischen Truppen bis ca. 30 Kilometer vor Damaskus zurück zu drängen. Ein zur Unterstützung eingesetzter irakischer Panzerverband konnte die Israelis auch nicht aufhalten. Am 16./17. Oktober gelang es mit der Operation „Gazelle“ auf der Sinai-Halbinsel die ägyptischen Truppen wieder über den Suezkanal zurück zu werfen und ihn zu überqueren. Von den vordersten Stellungen bis Kairo waren es gut 100 Kilometer.

Inzwischen waren im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Gespräche über eine Konfliktlösung intensiviert und am 22. Oktober rief dieser alle Beteiligten auf, das Feuer einzustellen. Das geschah am gleichen Tag an der Nordfront und am 25. an der Südfront. Die USA und auch die Sowjetunion hatten kein Interesse, die Situation zu verschärfen und womöglich noch tiefer in den Nahost-Konflikt hineingezogen zu werden. US-Präsident Nixon sah in der Gemengelage der Großmächte „die schwerste Krise seit Kuba“. Die Waffenstillstandsverhandlungen begannen in einem Zelt am Meilenstein 101 der Straße zwischen Kairo und Suez, sie zogen sich länger hin. Auf israelischer Seite fielen 2600 und auf arabischer Seite 8500 Soldaten. Der Regierung wurden Vorwürfe gemacht, dass sie die außenpolitische Bedrohung durch die arabischen Staaten unterschätzt hätte. Im April 1974 trat die Regierungschefin zurück. Das Ansehen des ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat in der arabischen Welt stieg trotz des verlorenen Krieges. In Syrien wurde Diktator Hafiz al-Assad, der Vater des heutigen Präsidenten, als erfolgreicher Rächer für die Schmach im Sechs-Tage-Krieg dargestellt. Der Islamismus bekam einen starken Auftrieb. Eine weitere Folge war die Ölpreiskrise im Herbst 1973. Das Bewusstsein für globale Zusammenhänge und die Erkenntnis, dass Energie Sicherheitspolitik ist, ist auch schon 50 Jahre alt. Auch die DDR war in den Jom-Kippur-Krieg involviert. Sie stellte Ägypten 12 MiG-21M-Jagdflugzeuge zur Verfügung, die allerdings aufgrund des Waffenstillstandes nicht mehr zum Einsatz kamen.

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