Gegenwart erzählen und Zukunft deuten - Engagement für politische Bildung stärken

Gegenwart erzählen und Zukunft deuten - Engagement für politische Bildung stärken

„Gegenwartsdeutungen – Zukunftserzählungen“ Politische Bildung in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche“, lautet der Titel des 15. Bundeskongresses Politische Bildung. Nach vierjähriger Pause haben die Veranstalter, die Bundeszentrale Politische Bildung (bpb), der Bundesausschuss Politische Bildung (bap) und die Deutsche Vereinigung für Politische Bildung (DVPB) vom 2. bis 4. November nach Weimar eingeladen, die Stadt mit dem Namen der ersten deutschen Republik. Wie vor einhundert Jahren gesellschaftliche Umbrüche die Zeit prägten, werden heute öfters Vergleiche zu den damaligen politischen Zuständen gezogen.

Beim Kongress in Leipzig 2019 hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit einem Grußwort die Teilnehmer auf die schulische und außerschulische Bedeutung der politischen Bildung hingewiesen. Im Kongress Zentrum Weimarhalle spricht Nancy Faeser, Bundesministerium des Inneren und für Heimat, zum Auftakt zu den rund 1000 Teilnehmern. Die Erwartungshaltung ist groß, denn geplante Haushaltskürzungen bei der bpb haben im Vorfeld bei vielen Bildungsträgern für Unruhe gesorgt. Sie verkündet nun, dass die Haushaltskürzungen zurückgenommen werden und für 2024 so viel Mittel bereitstünden wie in diesem Jahr. Die Ankündigung, für die dem Innenministerium unterstehende Bundesanstalt, wird nicht nur von Thomas Krüger, seit 2000 Präsident der bpb, mit Applaus aufgenommen. Er, Alexander Wohning (DVPB) und Wilfried Klein (Bap) führen in Sinn- und Zielsetzung des Bundeskongresses ein. Hauptredner des Eröffnungsabends sind Prof. Dr. Naika Foroutan, Leiterin des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung, Berlin, und Dr. Raj Kollmorgen, Soziologe und Professor für Management sozialen Wandels.

Politische Bildung muss in der Gegenwart mit Pluralität und Ambivalenz zurechtkommen. Vielfalt und Zwiespältigkeit der Gesellschaft stellen hohe Anforderungen an diejenigen, die als Bildungsträger von Amts wegen oder auf ehrenamtlicher Basis politische Bildung vermitteln. 28,7 Prozent der Bevölkerung in Deutschland hat einen Migrationshintergrund, davon sind etwa 40 Prozent unter 18 Jahren, die es mit den politischen Bildungsangeboten zu erreichen gilt. Migration hat sich zu einer Herausforderung für die Demokratie entwickelt. Kollmorgen stellt fünf Thesen in den Raum. Eine ist, dass Existenz und Dimensionen der sozial-ökologischen Transformation umstritten ist, eine andere, dass die Aufgabe politischer Bildung nicht nur in einer nachlaufenden, sondern in einer vorlaufenden Debatte zu erfolgen hat. Der Ausklang des ersten Tages findet bei einem Empfang statt. Dabei können sich die Teilnehmer über die Angebote der verschiedensten Bildungsträger und Verlage informieren. Sie zeigen im Aussteller-Markt, welche Vielfalt an Schriftmaterial zur schulischen und außerschulischen Bildung angeboten wird. Besonders gefragt ist, Material zu den aktuellen Weltkrisen wie Ukrainekrieg, Nahostkrieg und immer wieder die Klimakrise

Für den zweiten Tag konnten die Teilnehmer ihr Interessengebiert bei der Anmeldung aus neun Sektionen auswählen. Das war schon bei der Anmeldung möglich. Das reichhaltige Themenspektrum umfasste u.a.  Gesellschaftstheorien, Demokratisierung, Nachhaltigkeit, Post-Kolonialismus, Kritik der Postmoderne, Von der Globalisierung zurück zu De-Globalisierung, Politische Bildung und Konflikte, Ukraine.

Wie der Angriff der Terrororganisation Hamas am Samstag, dem 7. Oktober auf Israel erlebt wird, schildert Anita Haviv aus Tel Aviv in einer kurzfristig organisierten Videoschaltung. Die Tochter einer Holocaustüberlebenden ringt nach Worten, um die Grausamkeiten zu schildern, die die Hamas ihren Landsleuten angetan hatten. Nach diesen Massakern im Morgengrauen mit über 1400 Toten jeden Alters und der Gefangennahme von über 240 Geiseln ist die Hoffnungslosigkeit auf ein Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinensern in weite Ferne gerückt. Wie konnte das nur passieren? An dieser Frage wir noch viel innenpolitisch aufzuarbeiten sein.

Nach Anita Haviv versucht die Nahost-Expertin Muriel Asseburg, Mitarbeiterin der Stiftung Wissenschaft und Politik, die augenblickliche Situation Israel/Palästina und seiner Nachbarn einzuordnen und einen Blick in die Zukunft zu werfen. Einzelheiten würden den Rahmen des Beitrages sprengen, letztlich sagt sie „Wir reden von Tag zu Tag“.

Der für Bildung, Jugend und Sport des Freistaates Thüringen zuständige Minister Helmut Holter ist am zweiten Veranstaltungstag beim Kongress und betont die Bedeutung politischer Bildung, die in Thüringen vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung, einen hohen Stellenwert hat. Wobei die Landeszentrale für politische Bildung Thüringen nicht zu seinem Geschäftsbereich gehört, sondern der Staatskanzlei zugeordnet ist. Während des Kongresses wurde den Teilnehmern drei Fragen gestellt: Was ist die größte Herausforderung der politischen Bildung? Was nehmen Sie vom Kongress mit? Wie sieht die politische Bildung der Zukunft aus? Aus den Antworten können die Veranstalter Lehren für ihre zukünftige Arbeit ziehen.

 „Vergangenheit und Gegenwart lehren uns, Demokratie nicht als selbstverständlich anzusehen“ formulierte Thomas Krüger in der Festschrift zum 70jährigen Jubiläum der GSP 2022 Frieden sichern - Freiheit bewahren. Und weiter: „Auch in vermeintlich stabilen Zeiten bleibt es unsere Aufgabe, sie vor Angriffen zu schützen und gleichzeitig die Freiheit aller Menschen im Denken und Handeln zu fördern und fordern. Diese im Grundgesetz verankerte Gradwanderung ist anstrengend, sie erfordert immer wieder aufs Neue Aushandlungsprozesse und Räume für Streit und Diskussion. Politische Bildung ist unentbehrlich - sie ermutigt die Bürgerinnen und Bürger auf dem Boden des Grundgesetzes für Ihre Überzeugung einzustehen.“    

    

Letzte News

  • 23Apr
    Nutze Deine Stimme bei der Europa-Wahl - entschlossen gegen Manipulation

    Nutze Deine Stimme bei der Europa-Wahl - Entschieden und entschlossen gegen Manipulation

    Am Sonntag, dem 9. Juni findet in Deutschland, die Wahl zum Europäischen Parlament statt. In den anderen 26 Staaten der Europäischen Union (EU) beginnen die Wahlen am 6. Juni. Rund 350 Millionen Bürgerinnen und Bürger und können in unmittelbarer, freier und geheimer Wahl ihre Stimme abgeben. In Deutschland sind es etwa 64,9 Millionen, davon etwa 5,1 Millionen Erstwähler ab 16 Jahren. 720 Europaabgeordnete…

  • 15Apr
    Alte Bedrohungen mit neuen Mittel - 10. Sicherheitspol. Bodenseekongress

    Dieser fand am 13. April in Friedrichshafen im Graf-Zeppelin-Haus statt. Die renommierte drei Länder Veranstaltung sicherheitspolitischer, militärischer und wehrtechnischer Organisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz widmete sich dem aktuellen Thema: Der Ukraine-Krieg und seine Folgen für Europa – militärisch, politisch und ökonomisch. Die militärische Sicht und Lagebeurteilung, des nun schon über zwei Jahre währenden Krieges, nahm Generalleutnant Mag. Bruno Günter Hofbauer vor.…

  • 15Apr
    Schwedens Mehrwert für die NATO - Das 32. Mitglied im Atlantischen Bündnis

    Der schwedische Premierminister Ulf Kristersson hatte mit seinem Außenminister Tobias Billström die Beitrittsurkunde seines Landes zur NATO bereits im März in Washington hinterlegt. Billström ist weiterhin unterwegs, die die Abkehr von der faktischen Neutralität Schwedens nach mehr als 200 Jahren zu begründen und den Gewinn für das atlantische Bündnis zu erläutern.

    Hierzu hatte die schwedische Botschaft in Berlin gemeinsam mit der HERTIE School zu einer Veranstaltung mit ihm Ende März…

  • 25Mar
    4. April 2024 – 75 Jahre NATO. Gemeinsinn und Neuausrichtung ist nötig

    Das 75-jährige Bestehen der North Atlantic Treaty Organisation (NATO) wäre ein guter Grund zum Feiern. Doch die sicherheitspolitische Lage in der Welt, besonders die Kriege in der Ukraine und in Gaza, sind kein Grund dafür. Die NATO ist mit Finnland (4. April 2023) und Schweden (7. März 2024) auf 32 Nationen angewachsen. Aktueller Anlass war die „Spezialoperation“ der russischen Föderation am 24. Februar 2022 in die Ukraine. Seit Wladimir Putin am 18. März 2024 wieder zum Präsidenten gewählt…

  • 12Mar
    Zypern – Ausgangspunkt für Gaza-Hilfe

    „Open Arms“ mit Hilfsgütern unterwegs

    Wieder einmal steht die östliche Mittelmeerinsel Zypern im öffentlichen Interesse.  Von der Hafenstadt Larnaka, im Südosten der Insel, ist das erste Schiff mit Hilfslieferungen Richtung Gaza in See gestochen. Die „Open Arms“, gehört einer spanischen Hilfsorganisation ist mit 200 Tonnen Nahrungsmitteln, Wasser und Medikamenten unterwegs. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der zyprische Präsident Nikos Christodoulides waren die Antreiber für…

  • 23Feb
    Wir wählen die Freiheit – Motto bei „Cafe Kyiv“ / Die Zukunft der Ukraine in Europa

    Wir wählen die Freiheit – Motto bei „Cafe Kyiv“

    Die Zukunft der Ukraine in Europa

    „Cafe Kyiv – Wir wählen die Freiheit“: unter diesem Motto veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung am 19. Februar mit 30 Partnerorganisationen, u.a. auch der Gesellschaft für Sicherheitspolitik, im Colosseum in Berlin zum zweiten Male nach 2023 ein vielseitiges Programm mit Workshops, Diskussionen, Salons und kulturellen Aktivitäten.  Themen wie Freiheit, Europa, Sicherheit und Wiederaufbau der Ukraine standen…

  • 17Feb
  • 16Feb
    Furor und Harmonie. Die Kunst der Diplomatie.

    60. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) - Furor und Harmonie. Die Kunst der Diplomatie.

    Antonio Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, wird die 60. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) eröffnen. Sie findet vom 16. bis 18. Februar 2024 statt. Für das Jubiläum hat sie ihrem Kürzel-Logo eine 60 beigefügt. Gründer dieser sicherheitspolitischen Konferenz war Ewald-Heinrich von Kleist.  Unter dem Namen „Wehrkundetagung“ wurde sie 1963 erstmals in München ausgerichtet. Teilnehmer waren u.a.…

  • 03Feb
    BM Christian Lindner bestätigt Zwei-Prozent-Ziel für Vtdg-Haushalt bis 2028

     

    Der „Hüter der Schuldenbremse“ Bundesfinanzminister Christian Lindner bestätigt das Zwei-Prozent-Ziel für den Verteidigungsetat, trotz massiver Budgetzwänge, in der mittelfristigen Haushaltsplanung. Im Interview beim diesjährigen Gipfel der Weltmarktführer in Schwäbisch Hall am 1. Februar bekräftigte Bundesfinanzminister Lindner das Vorhaben der Bundesregierung, bei den Beratungen für den Haushalt 2025 zur mittelfristigen Budgetplanung bis 2028 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für…

  • 30Jan
    General a.D. Hartmut Bagger, Präsident der Gesellschaft 1999/2000, verstorben

    Hartmut Bagger, Präsident der Gesellschaft 1999/2000, verstorben

     

    30. Januar 2024 Von Peter E. Uhde

     

    Vergangenen Freitag, den 26. Januar 2024 ist General Hartmut Bagger in Meckenheim verstorben. Am 8. Februar 1996 wurde er Nachfolger von General Klaus Naumann, der zum Vorsitzenden des NATO-Militärausschuss in Brüssel gewählt wurde.

    Damit erreichte die Karriere des am 17. Juli 1938 in Braunsberg/Ostpreußen geborenen ihren Höhepunkt. Ende des Krieges aus seiner Heimat vor dem russischen…

GESELLSCHAFT FÜR SICHERHEITSPOLITIK E.V.

Vereinsregister-Nr. 5684
beim Amtsgericht Bonn

KONTAKT

Hauptstadtbüro:              
Reichstagufer 14, 10117 Berlin  
Tel.: +49 (0) 30 20648549
praesident©gsp-sipo.de

Geschäftsstelle Bonn:  
Wenzelgasse 42, 53111 Bonn
Tel.: +49 (0) 228 - 652556
Fax: +49 (0) 228 - 658093
geschaeftsstelle©gsp-sipo.de

GEMEINNÜTZIGKEIT

Die GSP e.V. ist  als gemeinnützig und spendenfähig anerkannt worden.

 

 

 

©  Gesellschaft für Sicherheitpolitik e.V.