1943 erhielt Kissinger die amerikanische Staatsbürgerschaft, leistete Wehrdienst in der US-Army und kam mit ihr nach Deutschland. 1947 kehrte er in die USA zurück, studierte an der Harvard Universität und promovierte dort 1954. Der Titel der Dissertation lautet „A Word Restored: Metternich, Castleragh and the Problems of Peace 1812-13“. Das „Gleichgewicht der Mächte” wird zu einem Klassiker moderner Geschichtsschreibung. Als Dozent begann nun seine akademische Karriere und 1962 wurde er Professor in Harvard.
Schon in dieser Zeit ist er in der Politikberatung tätig, für Präsident John F. Kennedy und nach dessen Ermordung im November 1963 für den Nachfolger Lyndon B. Johnson. Ab 1965 ist er Berater im Außenministerium und ab 1969 Leiter des Nationalen Sicherheitsrates von Präsident Richard Nixon. Für die erfolgreichen Verhandlungen zum Waffenstillstand im Vietnam-Krieg erhält er 1973 zusammen mit dem Vietnamesen Le Duc Tho den Friedensnobelpreis. Der Abzug der Amerikaner aus Vietnam beendet eines der dunklen Kapitel der amerikanischen Geschichte.
1973 wird er Außenminister und als Nixon wegen der Watergate-Affäre zurücktreten muss, behält er das Amt auch unter Gerald R. Ford. Wäre Kissinger in den USA und nicht in Deutschland geboren, hätte er wohl Chancen gehabt, Nixons Nachfolger zu werden. In der folgenden Zeit kümmert er sich verstärkt um die Lösung des Nahost-Problems, was aber bis heute nicht gelungen ist und mit dem Massaker der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 einen Tiefpunkt erreicht hat. Nach der Wahlniederlage 1977 des Präsidenten Ford scheidet auch Kissinger aus dem Amt als Außenminister aus.
Seine Zeit ist angefüllt als Politikberater und Verfasser mehrerer Bücher. Die Beziehungen zu Deutschland, besonders seiner Heimatstadt Fürth, hat er immer gepflegt. Schon 1975 wird er mit der Goldenen Bürgermedaille der Stadt Fürth ausgezeichnet. 1987 erhält er den Internationalen Karlspreis der Stadt Aachen. Der ehemalige Bundespräsident Walter Scheel hält die Laudatio. Bei dieser Gelegenheit sagt er:
„Henry Kissinger entzieht sich den landläufigen Beurteilungs- und Bewertungskriterien, er ist uns Zeitgenossen Synonym für das Außergewöhnliche, für das noch nicht Dagewesene in einer Disziplin der Staatskunst, die viele für das höchste erachten, die Außenpolitik“.
Als Fußballfan der Spielvereinigung Greuther Fürth, ernennt ihn diese zum Ehrenspielführer. Am 20. Mai 1998 erhält er die höchste Auszeichnung, die seine Geburtsstadt zu vergeben hat. Sie ernennt ihren bekanntesten Sohn zum Ehrenbürger von Fürth. Die Stadt würdigt damit das Lebenswerk einer ihrer herausragenden Persönlichkeiten.
Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wird Kissinger mit der Untersuchung der Terrorismusvorgänge beauftragt. Zu seinem 95. Geburtstag 2018 ehrt ihn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seinem Amtssitz im Schloss Bellevue in Berlin. Er würdigt ihn als einen Bauherrn der transatlantischen Beziehungen der Nachkriegszeit.
Am 29. November ist Heinz Alfred Kissinger, einer der profundesten Kenner, Zeitzeuge, Stratege aber auch Machtpolitiker des Neuaufbaus der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg in seinem Haus in Kent in Connecticut im Alter von 100 Jahren verstorben.