Bis zu den nächsten Präsidentenwahlen am 5. November 2024 ist es zwar noch etwas hin, aber sie werfen schon Schatten voraus. Spekulationen über mögliche Kandidaten der Demokraten und der Republikaner machen die Runden. Erik Kirschbaum, US-Journalist, wohnhaft in Berlin, versucht in seinem Referat etwas mehr Klarheit in die Gemengelage zu bringen. Der 46. Präsident der USA Joe Biden ist mit 80 Jahren, der bisher älteste Amtsinhaber im Weißen Haus. Ist das ein Argument, das gegen die Wiederwahl des Demokraten spricht? Der Referent sieht dieses Argument eher außerhalb der USA als im Land selbst. In Amerika wird grundsätzlich länger gearbeitet, Rente mit 65 ist nicht unbedingt üblich. Kirschbaum sieht augenblicklich keinen Konkurrenten in der Partei, der gegen Biden antreten wird. Die Chancen für den Amtsinhaber sind also grundsätzlich nicht schlecht wieder nominiert zu werden und die Wahl auch zu gewinnen. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges haben nur dreimal Amtsinhaber die Wiederwahl verloren, dazu gehört auch Donald Trump. Durch ein gewaltiges Wirtschaftsprogramm, den Inflation Reduction Act, mit Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz, hier machen die Amerikaner große Fortschritte, steht Biden gut da.
Entscheidend wird sein, wie es den Konkurrenten geling in den Swing States die Wahlleute für sich zu überzeugen. Der Präsident wird ja nicht vom Volk direkt gewählt, sondern durch eine Wahlmännerversammlung, das Electoral College, insgesamt sind das 538 Stimmen, der Sieger braucht 270 Stimmen. Zu „Schaukelstaaten“ zählen u.a. Wisconsin, Michigan, Pennsylvania, Arizona und Georgia. „Es wird ein sehr spannender Wahlkampf werden“, meint Kirschbaum und sieht den jetzigen 46. auch den 47. Präsidenten werden, „knapp“ aber es wird reichen.
Verschiedene Gründe sprechen dafür. Die Anklagen gegen Ex-Präsident Donald Trump fallen ins Wahljahr und wie Wahlkampf und Gerichtsverfahren gleichzeitig gehen sollen, dafür hat niemand eine Erklärung. Vermutlich werden in so einer Situation sich einige bisher wohlmeinende Trump-Veteranen sich von ihm abwenden. Abwenden bedeutet, sie werden ihn nicht mit Wahlkampfspenden unterstützen und auf diese ist er angewiesen. Amerikanische Wahlkämpfe kosten Unsummen. Auf fast 14 Milliarden US-Dollar haben sich die Wahlkampfkosten 2020 summiert. Manche meinen das Wahlsystem in Amerika müsste geändert werden, es sei nicht fair, der Referent sieht aber keine Veränderung, „es wird so bleiben.“
Das transatlantische Verhältnis zu Deutschland bewertet Kirschbaum als positiv. „Biden hat Deutschland nie kritisiert, er hat hohen Respekt vor Deutschland“. Die amerikanische Administration weiß genau, was Deutschland gerade jetzt in der Unterstützung der Ukraine leistet.
Gegen Ende des Vortrages kam Kirschbaum noch mal auf Trump zu sprechen. „Das ist eine Figur, die man kaum beschreiben kann“, meinte er. Für die Republikaner sind vier Themen im Wahlkampf wichtig: Abtreibung, Waffenbesitz, Migration und diesmal auch Außenpolitik, wegen des Krieges in der Ukraine. Die USA sind politisch, wirtschaftlich und militärisch der größte Unterstützer der Ukraine. Bei einem Regierungswechsel unter Trumps Präsidentschaft, „sehe es nicht gut aus für die Ukraine“. Nach Umfragen sehen die meisten Republikaner China als den Hauptgegner der USA und nicht Russland, bei den Demokraten ist es umgekehrt. Allgemein sind die politischen Eliten noch für die Unterstützung der Ukraine, bei der Gesamtwählerschaft ist das nicht mehr der Fall.
Nach Ende des Referats übernahm David Sirakov, Leiter der Atlantischen Akademie, die Moderation der intensiven Diskussionsrunde.